Deutscher Suchtkongress
Bd. 1 Nr. 1 (2023): Deutscher Suchtkongress
https://doi.org/10.18416/DSK.2023.996

Internetnutzungsstörungen über die Lebensspanne - Altersabhängige Besonderheiten und ihre Bedeutung für Prävention und Therapie (S37)

Emotionale Dysregulation als Prädiktor für problematisches Computerspielverhalten bei Kindern und Jugendlichen

Hauptsächlicher Artikelinhalt

Kerstin Paschke (Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg), Leonie Schettler (Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg), Rainer Thomasius (Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg)

Abstract

Hintergrund und Fragestellung
Seit der COVID-19-Pandemie konnte eine Zunahme der Prävalenzen problematischer Computerspielmuster bei Kindern und Jugendlichen beobachtet werden. Multifaktorielle Erklärungsansätze sollten alters- und geschlechtsabhängige Spezifika mitberücksichtigen, um gezielte Interventionsangebote bereitstellen zu können. Schwierigkeiten in der Emotionsregulation konnten bereits als Risikofaktor für die Entstehung problematischen Computerspielens gezeigt werden. Eine genauere Charakterisierung im Hinblick auf adoleszente Altersgruppen sowie das Geschlecht und unter Berücksichtigung prospektiver Aspekte fehlte jedoch bislang.


Methoden
Eine repräsentative Stichprobe von initial 1221 Kindern und Jugendlichen zwischen 10 und 17 Jahren wurde mittels Online-Fragebogen zu zwei Messzeitpunkten im Abstand von 14 Monaten zu ihrem Computerspielverhalten sowie emotionaler Dysregulation und Prokrastination mittels standardisierter Fragebögen untersucht. Mit Hilfe von Regressionsmodellen wurde der Einfluss der emotionalen Dysregulation auf die Entstehung und Aufrechterhaltung problematischer Computerspielnutzung in Abhängigkeit von adoleszenten Altersgruppen und dem Geschlecht überprüft.


Ergebnisse
Schwierigkeiten in der Emotionsregulation waren signifikant mit problematischem Computerspielverhalten verbunden. Eine höhere Ausprägung problematischen Computerspielverhaltens war in der kindlichen Altersgruppe (10 bis 13 Jahre) mit geringerem emotionalem Bewusstsein und verminderter emotionaler Klarheit verbunden, in der jugendlichen Altersgruppe (14 bis 17 Jahre) hingegen mit einer verminderten Akzeptanz emotionaler Reaktionen. Darüber hinaus ergaben sich geschlechtsspezifische Unterschiede: Jungen mit problematischem Computerspielmuster wiesen mehr Defizite im zielorientierten Verhalten sowie im emotionalen Bewusstsein auf, während betroffene Mädchen weniger emotionale Klarheit und Probleme mit der Akzeptanz ihrer emotionalen Reaktionen zeigten. Prokrastination als dysfunktionale Emotionsregulationsstrategie war gruppenübergreifend ein signifikanter Prädiktor für problematisches Computerspielverhalten. Darüber hinaus zeigten Längsschnittanalysen, dass Schwierigkeiten in der Emotionsregulation problematisches Computerspielverhalten allgemein begünstigten, während stärkere Prokrastinationstendenzen es aufrechterhielten.


Diskussion und Schlussfolgerung
Die vorliegende Studie unterstreicht die Bedeutsamkeit der Fähigkeiten und Strategien zur Emotionsregulation bei Kindern und Jugendlichen im Hinblick auf die Entstehung und Aufrechterhaltung problematischen Computerspielverhaltens. Die Förderung einer funktionalen Emotionsregulation sollte daher wichtiger Bestandteil in der Prävention und Therapie von problematischem Computerspielverhalten sein. Die differenzierten Altersgruppen- und Geschlechtseffekte legen dabei die Bedeutsamkeit einer individualisierten Berücksichtigung nahe.


Offenlegung von Interessenskonflikten sowie Förderungen
Ich und die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten.


Erklärung zur Finanzierung: DAK-Gesundheit

Artikel-Details

Zitationsvorschlag

Paschke, K., Schettler, L., & Thomasius, R. (2023). Emotionale Dysregulation als Prädiktor für problematisches Computerspielverhalten bei Kindern und Jugendlichen. Deutscher Suchtkongress, 1(1). https://doi.org/10.18416/DSK.2023.996