Deutscher Suchtkongress
Bd. 1 Nr. 1 (2023): Deutscher Suchtkongress
https://doi.org/10.18416/DSK.2023.972
Entwicklung medienbezogener Störungen im Kindes- und Jugendalter im Verlauf der Pandemie
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Abstract
Hintergrund und Fragestellung
Angesichts steigender Nutzungsintensitäten digitaler Medien bei Kindern und Jugendlichen gewinnen medienbezogene Störungen zunehmend an klinischer Relevanz. Die vorliegende Längsschnittstudie untersucht aktuelle Entwicklungen von Nutzungszeiten und problematischen Nutzungsmustern im Hinblick digitaler Spiele und sozialer Medien vor und im Verlauf der Pandemie. Erstmals wurde auch die problematische Nutzung von Video-Streaming-Diensten erfasst sowie die Verbreitung des Media-Multitasking (d.h. die parallele Nutzung mehrerer digitaler Geräte) untersucht.
Methoden
In einer längsschnittlichen repräsentativen Online-Befragung wurden zwischen 2019 und 2022 jährlich rund 1000 Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis 17 Jahren hinsichtlich ihres Nutzungsverhaltens von digitalen Medien befragt. Prävalenzschätzungen wurden anhand standardisierter Instrumente zur problematischen Nutzung von digitalen Spielen, sozialen Medien und Streaming-Diensten berechnet, sowie gender- und altersspezifische Unterschiede mittels inferenzstatistischer Verfahren untersucht.
Ergebnisse
Die pathologische Nutzung digitaler Medien bei Kindern und Jugendlichen nimmt weiter zu und hat sich seit 2019 bereits mehr als verdoppelt. Dabei zeigen auch immer mehr Mädchen problematische Nutzungsmuster. Auch die Nutzungszeiten bleiben deutlich über dem Vorkrisenniveau. Die pathologische Nutzung von Streaming-Diensten ist insgesamt weniger verbreitet als die pathologische Nutzung von digitalen Spielen und sozialen Medien. Unter problematischen Nutzer:innen ist Media-Multitasking deutlich häufiger verbreitet als unter unauffälligen Nutzer:innen.
Diskussion und Schlussfolgerung
Das Ausmaß der problematischen Mediennutzung und die anhaltend hohen Nutzungsintensitäten trotz zunehmenden Wegfall der pandemiebedingten Einschränkungen machen deutlich, dass medienbezogene Störungen auch über die Pandemie hinaus ein wachsendes Gesundheitsproblem darstellen. Die Beliebtheit des „Second Screen“ unter pathologischen Nutzer:innen unterstreicht, dass betroffene Kinder und Jugendliche in einem bewussteren und achtsameren Medienumgang unterstützt werden sollten. Für die Entwicklung von Präventions- und Hilfsangeboten ist die kontinuierliche Erfassung der Entwicklungen und die Ausweitung wissenschaftlicher Erkenntnisse bezüglich assoziierter Faktoren maßgeblich.
Offenlegung von Interessenskonflikten sowie Förderungen
Ich und die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten.
Erklärung zur Finanzierung: DAK-Gesundheit