Deutscher Suchtkongress
Bd. 1 Nr. 1 (2023): Deutscher Suchtkongress
https://doi.org/10.18416/DSK.2023.964

Die Bedeutung von Inhibition und Inhibitionstraining in der stationären Behandlung von Alkoholkonsumstörungen (S28)

Die Rolle von Veränderungsmotivation als Moderator der Effekte eines Inhibitionstrainings

Hauptsächlicher Artikelinhalt

Franz Moggi (Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Bern, Bern, Schweiz), Kirstin Schürch (Universität Bern, Bern, Schweiz)

Abstract

Hintergrund und Fragestellung
Metaanalysen und systematische Übersichtsarbeiten über Trainings zur Verringerung kognitiver Verzerrungen und Verbesserung von Inhibition ziehen vorsichtig positive Schlussfolgerungen zu deren Wirksamkeit zur Reduktion von Alkoholkonsum. Allerdings wurden die meisten Studien zu Inhibitionstrainings unter Laborbedingungen bei gesunden Probanden in experimentellen Designs zur Untersuchung psychologischer Mechanismen und unmittelbarer Effekte auf das Trinkverhalten durchgeführt. Klinische Wirksamkeitsstudien mit Patientinnen und Patienten mit schweren Alkoholkonsumstörungen, bei denen Inhibitionseffekte nicht nur auf das unmittelbare, sondern auch auf das längerfristige Trinkverhalten gemessen werden, sind rar. Eine Forschungsfrage ist, ob sich bei Alkoholkonsumstörungen die Wirksamkeit von Inhibitionstrainings auf das Trinkverhalten erst entfalten, wenn eine bewusste Motivation zur Veränderung des Trinkverhaltens besteht. Diese Studie untersucht, ob sich Veränderungsmotivation auf ein Inhibitionstraining und auf das Trinkverhalten drei Monate nach Austritt aus einer stationären Alkoholentwöhnung auswirkt.


Methoden
In einer Sekundäranalyse einer multizentrischen, doppelblinden und randomisiert-kontrollierten Studie mit 242 Patientinnen und Patienten, in der die Wirksamkeit eines Inhibitionstrainings gezeigt wurde (vgl. Referat von PD Dr. M. Stein), wird regressionsanalytisch der Interaktionseffekt von Veränderungsmotivation zu Behandlungsbeginn mit zwei verschiedenen Formen eines Inhibitionstrainings und einer Kontrollbedingung auf die Veränderung des Trinkverhaltens drei Monate nach Austritt berechnet. Das Trinkverhalten wird mit der TLFB – Methode (Sobell & Sobell, 1992), die Veränderungsmotivation mit einer visuellen Analogskala (Absichtsstärke) und mit der Taking Steps Scale des SOCRATES (Verhaltensänderung; Miller & Tonigan, 1996) gemessen.


Ergebnisse
Erste Resultate zeigen weder Interaktionseffekte zwischen den Inhibitionstrainings und dem Ausmass der Veränderungsabsicht noch mit der Umsetzung erster Verhaltensänderungen in Bezug auf die Veränderung des Trinkverhaltens. Die Veränderungsabsicht (beta = 8.38; p < 0.01) und tendenziell erste Verhaltensänderung (beta = 1.57; p < 0.1) sind jedoch prognostisch für die Verringerung der Trinkhäufigkeit bzw. –menge drei Monate nach der Behandlung.


Diskussion und Schlussfolgerung
Die Wirksamkeit eines Inhibitionstrainings scheint durch die Veränderungsmotivation nicht beeinflusst zu werden, deren Ausmass jedoch einen unabhängigen Beitrag zur Veränderung des Trinkverhaltens nach einer stationären Entwöhnungstherapie leistet.


Offenlegung von Interessenskonflikten sowie Förderungen
Ich und die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten.


Erklärung zur Finanzierung: Schweizerischer Nationalfonds (SNF; Projekt-Nr.: 105319_159286); Schweizerische Stiftung für Alkoholforschung (SSA; Projekt-Nr.: 303)

Artikel-Details

Zitationsvorschlag

Moggi, F., & Schürch, K. (2023). Die Rolle von Veränderungsmotivation als Moderator der Effekte eines Inhibitionstrainings. Deutscher Suchtkongress, 1(1). https://doi.org/10.18416/DSK.2023.964