Deutscher Suchtkongress
Bd. 1 Nr. 1 (2023): Deutscher Suchtkongress
https://doi.org/10.18416/DSK.2023.962

Die Bedeutung von Inhibition und Inhibitionstraining in der stationären Behandlung von Alkoholkonsumstörungen (S28)

Neuronale und behaviorale Maße für Inhibition sowie ihre Veränderung durch Inhibitionstraining

Hauptsächlicher Artikelinhalt

Maria Stein (Universität Bern, Bern, Schweiz)

Abstract

Hintergrund und Fragestellung
Defizitäre Kontrolle über das Trinkverhalten sind zentral für Alkoholkonsumstörungen (AUD) und Inhibitionsdefizite bei AUD gelten als robuster Forschungsbefund. Auf behavioraler Ebene wird Inhibition sehr häufig mit dem Go-NoGo-Task gemessen. Wird während eines solchen Tasks ein Elektroenzephalogramm abgeleitet und ein evoziertes Potential (EP) berechnet, so hat sich der N2/P3-Komplex des NoGo-EPs als sensitiver Marker für Inhibition, und in ersten Studien auch für alkohol-spezifische Inhibition, gezeigt. Einem translationalem Ansatz folgend wurde basierend auf solchen Befunden ein alkohol-spezifisches Inhibitionstraining (Alc-IT) in Form eines modifizierten Go-NoGo-tasks entwickelt, in welchem geübt wird, die Reaktion auf Alkohol-Reize zu unterdrücken. Die vorliegende Studie ging der Frage nach, ob Alc-IT a) das Therapieergebnis verbessert und b) auf behavioraler und neurophysiologischer Ebene die Inhibitionsparameter modifiziert.


Methoden
Während eines stationären Entwöhnungsprogrammes wurden 242 abstinente Patient:innen mit AUD randomisiert entweder einer Alc-IT Version oder einem unspezifischen Kontroll-Training zugeteilt. Die beiden Alc-IT Versionen unterschieden sich in der verwendeten Go/NoGo-Ratio und somit in den inhibitorischen Anforderungen. Vor und nach dem Training wurde ein Go-NoGo- Task durchgeführt, während dem bei 60 Patient:innen (20 pro Gruppe) zur Berechnung des EPs auch ein EEG abgeleitet wurde. Drei Monate nach Entlassung aus der stationären Therapie wurde der Prozentsatz abstinenter Tage mittels timeline follow-back erfasst.


Ergebnisse
Die Alc-IT Version mit den höheren inhibitorischen Anforderungen erhöhte den Anteil abstinenter Tage in den 3 Monaten nach der Entlassung, während die einfachere Alc-IT Version keinen Effekt zeigte. Ebenfalls fand sich bei der Analyse der Fehlerraten aus dem Go-NoGo-Task ein selektiver Effekt dieser Alc-IT Version. Auf neurophysiologischer Ebene führte ebenfalls einzig die schwierigere Alc-IT Version zu einer topografischen Veränderung der P3-Komponente des EPs


Diskussion und Schlussfolgerung
Wird Alc-IT mit hohen inhibitorischen Anforderungen implementiert, so verbesserte sich das Therapieergebnis. Die damit einhergehenden Veränderungen in Inhibitionsparametern auf behavioraler sowie neurophysiologischer Ebene sprechen für einen inhibitorischen Wirkmechanismus


Offenlegung von Interessenskonflikten sowie Förderungen
Ich und die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten.


Erklärung zur Finanzierung: Schweizerischer Nationalfonds (SNF); Schweizerische Stiftung für Alkoholforschung (SSA)

Artikel-Details

Zitationsvorschlag

Stein, M. . (2023). Neuronale und behaviorale Maße für Inhibition sowie ihre Veränderung durch Inhibitionstraining. Deutscher Suchtkongress, 1(1). https://doi.org/10.18416/DSK.2023.962