Deutscher Suchtkongress
Bd. 1 Nr. 1 (2023): Deutscher Suchtkongress
https://doi.org/10.18416/DSK.2023.910
Medikalisierung der Substitution mit Diamorphin
Hauptsächlicher Artikelinhalt
Copyright (c) 2023 Infinite Science Publishing
Dieses Werk steht unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 4.0 International.
Abstract
Hintergrund und Fragestellung
Der Effekt einer “Medikalisierung” von Sucht und Suchtbehandlungen bleibt umstritten. Wir untersuchen die Konstruktion der Diamorphin-gestützten Substitutionstherapie aus Klient*innenperspektive in Hinblick auf Medikalisierung.
Methoden
Vorbereitend wurden in einer Fokusgruppe das Ziel der Studie und Interviewleitfäden besprochen. Im Hauptteil der Studie haben wir semi-strukturierte Interviews mit 27 Menschen, die momentan oder ehemalig in Diamorphintherapie waren, geführt. Unser im Rahmen einer qualitativen Inhaltsanalyse erstellte Kategoriensystem wurde intersubjektiv validiert. Wir haben unsere Ergebnisse mit Menschen, die mit einer Opioidabhängigkeit leben, diskutiert.
Ergebnisse
Teilnehmende nutzten wiederholt medikalisierende Sprache in Bezug auf ihre Sucht und Substitutionsbehandlung. Die Konstruktion der eigenen Sucht als (chronische) Krankheit und der Substitution mit Diamorphin als entsprechende Therapie wurde sowohl vor sich selbst als auch vor anderen als Maßnahme beschrieben, um Stigma zu reduzieren. Einige Teilnehmende grenzten sich jedoch explizit von medikalisierenden Beschreibungen als „krank“ oder „Patient“ ab.
Diskussion und Schlussfolgerung
Für manche Klient*innen ist die Konstruktion von Sucht als Krankheit und Substitution als entsprechende Therapie wichtig, um die eigene Situation vor sich selbst und anderen zu legitimieren. Gleichzeitig decken sich medikalisierende Diskurse nicht mit dem Selbstbild aller Klient*innen. Für eine nachhaltige und angemessene Stigma-Reduktion bleiben differenzierte Diskurse obligat.
Offenlegung von Interessenskonflikten sowie Förderungen
Während der letzten 3 Jahre bestanden folgende wirtschaftlichen Vorteile oder persönliche Verbindungen, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten: ZF ist Stipendiatin der Studienstiftung des Deutschen Volkes. HTK hat in der Vergangenheit Referentenhonorare von Accente BizzComm GmbH, AbbVie Deutschland GmbH & Co. KG und GILEAD Sciences GmbH sowie Konferenz- und Reisekostenerstattungen von GILEAD Sciences GmbH erhalten.