Deutscher Suchtkongress
Bd. 1 Nr. 1 (2023): Deutscher Suchtkongress
https://doi.org/10.18416/DSK.2023.889

Suchtbehandlung im Kontext von Familie (S08)

Mütter und Väter von Individuen mit einer Abhängigkeitserkrankung - Ergebnisse der BEPAS-Studie

Hauptsächlicher Artikelinhalt

Anja Bischof (Universität zu Lübeck, Lübeck), Hans-Jürgen Rumpf (Universität zu Lübeck, Lübeck), Gallus Bischof (Universität zu Lübeck, Lübeck)

Abstract

Hintergrund und Fragestellung
Angehörige von Menschen mit einer Abhängigkeitserkrankung sind in hohem Maß Belastungen und Stress ausgesetzt, wobei bislang kaum vergleichende Studien zu genderspezifischen Einflussfaktoren vorliegen. Ziel des Beitrags ist, die Lebenswelten von Müttern und Vätern abzubilden und genderspezifische Belastungen, Coping Strategien und Bedarfe miteinander zu vergleichen.


Methoden
In der multimodalen Studie „Belastungen und Perspektiven Angehöriger Suchtkranker“ (BEPAS), wurden Belastungen, Coping-Strategien, Bedarf an Hilfen und Barrieren der Inanspruchnahme mit qualitativen Interviews und quantitativen Fragebögen bei in Selbsthilfegruppen und Hausarztpraxen rekrutierten Angehörigen erhoben. Für die vorliegende Fragestellung wurden 22 Mütter und 9 Väter verglichen.


Ergebnisse
Die am häufigsten benannte Abhängigkeitserkrankung der Kinder bezog sich auf den Konsum von Cannabis (80,6%), in 54,8% der Fälle lagen multiple Suchtprobleme vor (illegale Drogen, Alkohol, Medikamente, Glücksspiel). Mütter erlebten mehr emotionalen Stress als Väter und nutzten häufiger kräfteraubende Coping-Strategien. Väter berichteten häufiger von Erfahrungen interpersoneller Gewalt durch das Kind mit der Abhängigkeitserkrankung und versuchten häufiger, sich belastenden Situationen zu entziehen. Als Barrieren der Inanspruchnahme formeller Hilfen nannten Mütter häufiger Schuldgefühle und Scham, während Väter berichteten, das Eingestehen der eigenen Hilflosigkeit sei eine relevante Barriere gewesen, sich Hilfe zu suchen. Bezüglich des Unterstützungsbedarfs konnte kein Unterschied zwischen Müttern und Vätern gefunden werden. Beide Gruppen wünschten sich einen besseren Zugang zum Hilfesystem für sowohl die Abhängigkeitserkrankten als auch sich selbst und ein erhöhtes Bewusstsein über Suchterkrankungen in der Gesellschaft.


Diskussion und Schlussfolgerung
Die Daten aus der BEPAS-Studie unterstreichen den erhöhten Unterstützungsbedarf von Eltern, mit der Suchterkrankung ihrer Kinder umzugehen. Die genderbezogenen Unterschiede in Coping Strategien und bezüglich der Barrieren der Inanspruchnahme weisen auf die Notwendigkeit hin, maßgeschneiderte und gendersensible Interventionen für Mütter und Väter zu entwickeln.


Offenlegung von Interessenskonflikten sowie Förderungen
Ich und die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten.


Erklärung zur Finanzierung: BMG

Artikel-Details

Zitationsvorschlag

Bischof, A., Rumpf, H.-J., & Bischof, G. (2023). Mütter und Väter von Individuen mit einer Abhängigkeitserkrankung - Ergebnisse der BEPAS-Studie. Deutscher Suchtkongress, 1(1). https://doi.org/10.18416/DSK.2023.889