Deutscher Suchtkongress
Bd. 1 Nr. 1 (2023): Deutscher Suchtkongress
https://doi.org/10.18416/DSK.2023.884
Entwicklung des Cannabiskonsums in unterschiedlichen Populationen – Ergebnisse aus 20 Jahren Monitoring-System Drogentrends
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Abstract
Hintergrund und Fragestellung
Cannabis als meistkonsumierte illegalisierte Droge ist in unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen verbreitet. Dabei kann sich nicht nur die konkrete Verbreitung, sondern auch Konsumgründe je nach Population unterscheiden. Zudem vollziehen sich Änderungen von Gebrauchsmustern und Bedeutungen in unterschiedlicher Weise. Solche Differenzen werden am Beispiel der Stadt Frankfurt für drei Zielgruppen (Jugendliche, ausgehfreudige junge Erwachsene und Angehörige der ‚harten‘ Drogenszene) in den letzten 20 Jahren dokumentiert.
Methoden
Das langjährige Frankfurter Monitoring-System Drogentrends (MoSyD) arbeitet mit vier unterschiedlichen Erhebungsformen a) Fokusgruppen-Interviews mit jeweils 12 Expert*innen, b) einer repräsentativen Tablet-gestützten Schulbefragung mit Schwerpunkt auf 15-18-jährigen (klassenweise Erhebung), c) einer qualitativen Key-Person-Befragung mit 20 „Trendscouts“ aus Ausgehszenen und d) einer quantitativen-Face-to-Face-Erhebung in der ‚offenen Szene‘ (n=150). Ausgewertet wurden Erhebungen a und c mittels qualitativer Inhaltsanalyse und b und d mit gängigen statistischen Prozeduren mit SPSS 22. In dieser Präsentation werden Resultate aus allen Erhebungen berücksichtigt.
Ergebnisse
Konsum und Bewertung von Cannabis haben sich in den untersuchten Gruppen abweichend entwickelt. Bei den Jugendlichen gab es bereits 2002 einen Höhepunkt in Konsumerfahrung (46%) und aktuellem Gebrauch (21%), gefolgt von einem deutlichen Rückgang, Wiederanstieg Mitte der 2010er Jahre (bis auf 43% bzw. 23% 2015) und seither uneinheitlicher Entwicklung. Unterschiedlich je nach Umfeld und schwankend präsentiert sich der Cannabiskonsum in Ausgehszenen, wobei langfristig eine fortschreitende Normalisierung zu beobachten ist. In der ‚harten Szene‘ schließlich gab es jüngst einen neuen Höhepunkt des Konsums (2022: 39% 24-Stunden-Prävalenz).
Diskussion und Schlussfolgerung
Während die Probierbereitschaft für Cannabis bei Jugendlichen vor 20 Jahren – vermutlich im Zusammenhang mit höherer Rauchprävalenz – noch stärker ausgeprägt war, ist aktueller Konsum seither im Zusammenhang mit jugendkulturellen Trends Schwankungen in beide Richtungen unterworfen. Für Angehörige ‚harter Szenen‘ könnte die steigende Prävalenz eine Chance sein, Risiken anderweitigen Drogenkonsums zu vermindern. Insgesamt spielt Cannabis mittlerweile in sehr unterschiedlichen gesellschaftlichen Subgruppen eine Rolle, was die These einer fortschreitenden Normalisierung bestätigt.
Offenlegung von Interessenskonflikten sowie Förderungen
Ich und die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten.
Erklärung zur Finanzierung: Stadt Frankfurt am Main