Deutscher Suchtkongress
Bd. 1 Nr. 1 (2023): Deutscher Suchtkongress
https://doi.org/10.18416/DSK.2023.876

State of the Art: Was wissen wir über Internetnutzungsstörungen? (S05)

Pornographie-Nutzungsstörung

Hauptsächlicher Artikelinhalt

Stephanie Antons (Universität Duisburg-Essen, Duisburg), Rudolf Stark (Justus-Liebig-Universität Gießen, Gießen)

Abstract

Hintergrund und Fragestellung
Die Pornographie-Nutzungsstörung (PNS) ist charakterisiert durch die fortgeführte Nutzung von pornographischen Inhalten trotz des Erlebens negativer Konsequenzen und psychischer Belastung. Die PNS wird in der ICD-11 als Phänotyp der Zwanghaften Sexuellen Verhaltensweisen eingeordnet. (Neuro-) psychologische Befunde weisen jedoch darauf hin, dass affektive und kognitive Mechanismen, die in der Störungsentwicklung relevant sind, Parallelen zu Störungen durch suchtartige Verhaltensweisen aufweisen.


Methoden
Es wird ein narrativer Überblick über aktuelle Befunde zu Reizreaktivität, Verlangen, Entscheidungsfindung und Inhibitionskontrolle bei PNS gegeben.


Ergebnisse
Bisherige Befunde deuten auf eine deutliche Relevanz von affektiven Komponenten, wie Reizreaktivität, Craving, Wunschdenken sowie die Nutzung von Pornographie zur Stimmungsregulation hin. Kognitive Faktoren konnten bisher noch nicht konsistent mit Symptomen einer PNS in Verbindung gebracht werden. Auf neuraler Ebene zeigen sich sowohl eine veränderte Verarbeitung in Bereichen des Belohnungssystems also auch in Bereichen der kognitiven Kontrolle, wenngleich die Befundlage hierzu noch überschaubar ist. Studien, die psychologische Mechanismen bei Männern und Frauen vergleichen, sind bisher rar.


Diskussion und Schlussfolgerung
Die Befunde zu zentralen Mechanismen von suchtartigem Verhalten lassen sich auch für die PNS demonstrieren. Insbesondere Reizreaktivität und Craving zeigen sich als relevante Faktoren. Diese affektiven Faktoren können im späteren Verlauf der Störungsentwicklung mit Kontrollmechanismen interferieren. Die Befundlage ist diesbezüglich jedoch noch zu gering, um klare Aussagen über die psychologischen Prozesse und neuralen Korrelate zu treffen. Unklar ist bisher außerdem, inwiefern erlebte negative Konsequenzen durch den Pornographiekonsum die Entwicklung der PNS beeinflussen. Statt einer hemmenden Wirkung scheinen Verstärkungsmechanismen eine Rolle zu spielen. Zukünftige Studien sollten diese potentiellen Vulnerabilitäts- und Aufrechterhaltungsfaktoren systematisch untersuchen.


Offenlegung von Interessenskonflikten sowie Förderungen
Ich und die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten.


Erklärung zur Finanzierung: DFG (ACSID, FOR2974, Projekt-Nr.: 411232260)

Artikel-Details

Zitationsvorschlag

Antons, S., & Stark, R. (2023). Pornographie-Nutzungsstörung. Deutscher Suchtkongress, 1(1). https://doi.org/10.18416/DSK.2023.876