Deutscher Suchtkongress
Bd. 1 Nr. 1 (2023): Deutscher Suchtkongress
https://doi.org/10.18416/DSK.2023.1090
Suchtspezifische Versorgung von Menschen mit Alkoholabhängigkeit: Eine Sequenzdatenanalyse mithilfe eines Data-Linkage von Routinedaten in Bremen 2016/2017
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Abstract
Hintergrund und Fragestellung
Obwohl viele Personen mit Alkoholabhängigkeit mit einer entsprechenden Diagnose im Gesundheitssystem diagnostiziert werden, nehmen nur wenige suchtspezifische Behandlungsangebote in Anspruch. Die empirischen Versorgungspfade der suchtspezifisch Behandelten sind im stark fragmentierten deutschem Gesundheitssystem bisher nur wenig beschrieben. Laut aktueller S3-Behandlungsleitlinie sollten Patienten mit Alkoholabhängigkeit nach einer Entzugsmaßnahme möglichst nahtlos in eine Postakutbehandlung vermittelt werden. Ziel dieser Studie war es anhand von Routinedaten aus verschiedenen Sektoren des Gesundheitswesens (1) suchtspezifische Versorgungspfade von Patienten mit Alkoholabhängigkeit zu identifizieren und diese (2) anhand ihrer Adhärenz zu bestehenden Behandlungsleitlinien und sozidemografischen Merkmalen der Patienten zu analysieren.
Methoden
Mithilfe eines Data-Linkage-Verfahren werden Stamm- und Leistungsdaten der Kalenderjahre 2016 und 2017 der gesetzlichen Krankenkassen AOK Bremen/Bremerhaven und hkk, der Deutschen Rentenversicherung und des kommunalen Klinikverbunds Bremen Gesundheit Nord analysiert. Mit den verknüpften Daten werden im Rahmen einer Sequenzdatenanalyse individuelle, suchtspezifische Versorgungspfade für Personen mit Alkoholabhängigkeit als Abfolge von Zuständen betrachtet. Pro Quartal wird jeweils die Inanspruchnahme verschiedener suchtspezifischer Gesundheitsleistungen als Zustand definiert, genauer der Besuch der ambulanten Suchthilfe, die Initiierung einer stationären qualifizierten Entzugsbehandlung (QE) und Postakutbehandlungen, also eine ambulante Pharmakotherapie als Rückfallprophylaxe oder eine Rehabilitationsmaßnahme. Die einzelnen Zustandsverläufe werden geclustert und visuell dargestellt. Die resultierenden Cluster werden hinsichtlich der Einhaltung bestehender Behandlungsleitlinien (QE mit anschließender Postakutbehandlung, Zeit zwischen QE und Rehabilitationsbehandlung) sowie hinsichtlich soziodemographischer Merkmale (Alter, Geschlecht, Nationalität) mittels t-Tests, Kruskal-Wallis-Tests, ?²-Unabhängigkeitstests bzw. Regressionsanalysen verglichen.
Ergebnisse
Von 3.417 Personen, für welche im Jahr 2016 eine Diagnose für Alkoholabhängigkeit (F10.2) oder ein Entzugssyndrom (F10.3-4) vorlag, nahmen, im Zeitraum 2016/2017, 11,3% (n=387) eine suchtspezifische Gesundheitsleistung in Anspruch. Von den 387 suchtspezifisch versorgten Patienten initiierten 9% einen QE mit anschließender Postakutbehandlung. Die Wartezeit zwischen QE und einer Rehabilitationsbehandlung betrug im Median 28 Tage.
Diskussion und Schlussfolgerung
Die detaillierten Ergebnisse der Sequenzdatenanalyse werden vor dem Hintergrund bestehender Behandlungsleitlinien und möglicher Ansätze, die Inanspruchnahme suchtspezifischer Betreuung zu erhöhen, diskutiert.
Offenlegung von Interessenskonflikten sowie Förderungen
Ich und die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten.
Erklärung zur Finanzierung: BMG (Förderkennzeichen: AZ: ZMVI1-2517DMS227)