Deutscher Suchtkongress
Bd. 1 Nr. 1 (2023): Deutscher Suchtkongress
https://doi.org/10.18416/DSK.2023.1030
Erkennung von Stigmatisierung durch künstliche Intelligenz: (problematisches) Glücksspiel in den sozialen Medien
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Abstract
Hintergrund und Fragestellung
In Deutschland ist der Anteil der Personen mit einer glücksspielassoziierten Störung bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen am stärksten ausgeprägt. Die Stigmatisierung und Selbststigmatisierung von Glücksspiel und problematischem Glücksspiel gilt als wesentliches Therapiehindernis, da die Betroffenen die negativen Zuschreibungen nicht nur wahrnehmen, sondern auch verinnerlichen. Um wirksame Ansätze gegen die Stigmatisierung von (problematischem) Glücksspiel zu entwickeln, ist es notwendig, die vorherrschenden Stereotype zu identifizieren. Jugendliche und junge Erwachsene sind die aktivsten Nutzer*innen von Sozialen Medien. Vor diesem Hintergrund unternimmt der vorliegende Vortrag einen ersten Versuch, die Stigmatisierung von Glücksspiel und problematischem Glücksspiel auf der Videoplattform YouTube, für Deutschland, zu untersuchen.
Methoden
In einem ersten Schritt werden insgesamt 84.024 Kommentare von 34 Videos gesammelt. Nach einer Sichtung werden nur Videos ausgewählt, die Glücksspielinhalte enthalten und eine Person mit problematischem oder pathologischem Glücksspielverhalten zeigen. Basierend auf bestehenden Forschungsansätzen und mit Hilfe von „Embeddings“ aus den gesammelten Daten wird ein Stigmatisierungswörterbuch erstellt. Schließlich wird ein „guided-topic modelling“-Ansatz mit einer qualitativen Inhaltsanalyse kombiniert, um zu untersuchen, ob Stigmatisierung von Glücksspiel und problematischem Glücksspiel in den Kommentaren der ausgewählten YouTube-Videos vorhanden ist und welche negativen Zuschreibungen identifiziert werden können.
Ergebnisse
Die Ergebnisse des „mixed-methods“-Ansatzes zeigen, dass eine Stigmatisierung des Glücksspiels und problematischen Glücksspiels vorhanden ist. In den meisten Fällen wird den Betroffenen mangelnde Eigenverantwortung unterstellt und sie werden für ihre Situation selbst verantwortlich gemacht. Bei einigen Nutzer*innen herrscht anscheinend Unkenntnis über das Prinzip einer Suchterkrankung. Allerdings ist auch das Gegenteil zu beobachten: Kommentare mit positiven Zuschreibungen und unterstützenden Aussagen.
Diskussion und Schlussfolgerung
Schließlich kann die Untersuchung eine wertvolle Erweiterung bestehender Forschungsansätze darstellen, indem sie aufzeigt, auf welche Art und Weise Nutzer*innen sozialer Medien Stigmatisierungen und negative Zuschreibungen gegenüber (problematischem) Glücksspiel im alltäglichen Sprachgebrauch konkret herstellen. Diese Erkenntnisse können dazu beitragen, sowohl präventive Maßnahmen als auch effektive Therapieprogramme im Rahmen einer nachhaltigen Gesundheitsvorsorge zu konzipieren.
Offenlegung von Interessenskonflikten sowie Förderungen
Während der letzten 3 Jahre bestanden folgende wirtschaftlichen Vorteile oder persönliche Verbindungen, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten: Die Stelle des Autors JS an der Forschungsstelle Glücksspiel wird von der Staatlichen Toto-Lotto GmbH Baden-Württemberg gefördert. Die Förderer hatten keinen Einfluss auf das Untersuchungsdesign, die Datenerhebung oder die Erstellung der Untersuchung.