Deutscher Suchtkongress
Bd. 1 Nr. 1 (2023): Deutscher Suchtkongress
https://doi.org/10.18416/DSK.2023.1020
Zucker gegen Alkoholverlangen? Effekte einer Glukosegabe auf Alkoholverlangen und Gehirnaktivität bei alkoholabhängigen Patienten und die Rolle von Ghrelin und Insulin.
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Abstract
Hintergrund und Fragestellung
Studien zeigen einen Einfluss appetitregulierender Hormone auf die Entstehung und Aufrechterhaltung von Suchterkrankungen, respektive der Alkoholabhängigkeit. Eine Reduktion des Plasmaspiegels der acetylierten Form von Ghrelin und ein Anstieg des Plasmaspiegels von Insulin ist mit einer Reduktion des subjektiven Alkoholcravings und der mesolimbischen Reiz-Reaktivität in der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) assoziiert. Die genannte Veränderung der Plasmaspiegel kann physiologisch durch eine Magendehnung (beispielsweise mittels forcierter Wasseraufnahme), eine Lipidaufnahme oder eine Glukoseaufnahme erfolgen.
Methoden
In die randomisierte, placebokontrollierte crossover-Studie wurden N=80 alkoholabhängige Patient*innen zwischen 18 und 65 Jahren in früher Abstinenz eingeschlossen, die an zwei bis auf die Untersuchungsbedingung gleich aufgebauten Untersuchungstagen teilnahmen.
Der Erhebung demografischer und psychometrischer Daten folgte eine Alkoholexposition mit ihrem favorisierten alkoholischen Getränk. Im Anschluss wurde eine hochkonzentrierte Glukoselösung (Interventionsbedingung) oder eine süß-schmeckende Lösung, die nicht zu Veränderungen des Blutzuckerspiegels führt (Placebobedingung), oral verabreicht. Daraufhin erfolgte das Monitoring der Plasmaspiegel von Ghrelin und Insulin im Verlauf mittels achtmaliger Blutentnahme. Zusätzlich durchliefen die Proband*innen eine Alkohol-Reizreaktivitäts-Aufgabe in einer fMRT-Messung.
Ergebnisse
Die geschlechtsgetrennten Analysen zeigten eine Reduktion des subjektiven Alkoholcravings und eine Reduktion der mesolimbischen Reizreaktivität bei Konfrontation mit Alkoholreizen infolge der forcierten oralen Glukosegabe in der Stichprobe der Männer. In der Substichprobe der Frauen konnte kein Effekt der Glukosegabe auf das subjektive Alkoholverlangen und die mesolimbische Reizreaktivität gezeigt werden. Mögliche Mediationseffekte der Plasmaspiegel der nahrungsregulierenden Hormone Ghrelin und Insulin werden dargestellt und diskutiert.
Diskussion und Schlussfolgerung
Studien weisen auf geschlechtsspezifische Unterschiede hinsichtlich der Plasmaspiegel von Ghrelin und Insulin hin, die wiederum geschlechtsspezifische Unterschiede in den Effekten einer Glukosegabe auf Craving und mesolimbische Reizreaktivität bedingen können. Beispiele für geschlechtsspezifische Unterschiede sind dabei die Ausgangsplasmaspiegel von Ghrelin oder die Auswirkung von Insulingaben. Zusammenfassend weist unsere Studie daraufhin, dass die forcierte Glukoseaufnahme eine weitere mögliche Strategie zur Rückfallprophylaxe für alkoholabhängige männliche Patienten sein könnte. Genaue Wirkmechanismen und mögliche einschränkende Faktoren bei weiblichen Patientinnen sollten in weiteren Studien untersucht werden.
Offenlegung von Interessenskonflikten sowie Förderungen
Ich und die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten.
Erklärung zur Finanzierung: DFG