Deutscher Suchtkongress
Bd. 1 Nr. 1 (2023): Deutscher Suchtkongress
https://doi.org/10.18416/DSK.2023.1013

Herausforderungen und Chancen in der Versorgung (S41)

Letale und nichtletale Überdosierungen von Heroin – Eine proxybasierte Analyse bundesweiter Fallberichte aus dem Dunkelfeld

Hauptsächlicher Artikelinhalt

Sven Schneider (Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg, Mannheim), Christian Richter (ABRIGADO, Drogenkonsumraum des freiraum Hamburg e. V., Hamburg), Larissa Beisel (Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg, Mannheim)

Abstract

Hintergrund und Fragestellung
Im gesamten Konsumgeschehen stellen hierzulande heroinbezogene Überdosierungen mit rund einem Drittel den Hauptanteil aller Todesfälle durch illegale Substanzen dar. Weltweit erstmals wurden deswegen kontextuelle Rahmenbedingungen von Heroinintoxikationen auf Basis von clusteranalytisch ausgewerteten Fallbeschreibungen auf Auffälligkeiten und Muster untersucht. Dabei ging es konkret um die Frage, welche drug-, set- und settingspezifischen Risikofaktoren mit einem letalen Ausgang korreliert sind.


Methoden
Bundesweit wurden im Rahmen der CaRe (Case Reports of heroine-related overdoses) -Studie im Jahr 2019 Fallbeschreibungen letaler und nicht-letaler Heroinintoxikationen gesammelt und ausgewertet. Dazu wurden sozialpädagogische / psychologische (Sozialarbeiter:innen, Streetworker:innen, Drogenberater:innen, Psychotherapeut:innen usw.) und medizinische (Ärzt:innen, Rettungspersonal usw.) Expert:innen gebeten, den letzten selbst erlebten Fall ausführlich zu beschreiben. Die insgesamt 100 sehr detaillierten Fallbeschreibungen stammten aus 36 Einrichtungen (Arztpraxen, Fachambulanzen, Substitutionsambulanzen, Notdienste, Drogenkonsumräume uvm.) aus 23 Städten.


Ergebnisse
Die Heroinintoxikationen ereigneten sich im Durchschnitt nach 14 Jahren der Drogenabhängigkeit und in jedem dritten Fall nach einer vorherigen Abstinenz oder Reduktion. Die Fallbeschreibungen lassen sich in 5 typische Risiko-Cluster gruppieren. Als drugspezifische Risikofaktoren für einen letalen Verlauf wurde der Beikonsum von Alkohol, illegalen Substanzen und Medikamenten identifiziert. Hinsichtlich eines letalen Verlaufs fielen als setspezifischer Risikofaktor weibliches Geschlecht und als settingspezifischer Risikofaktor abendlicher oder nächtlicher Konsum auf.


Diskussion und Schlussfolgerung
Künftige Präventionsansätze sollten deutlich stärker den Kontext, also typische Risikokonstellationen innerhalb des meist mehrfach von Deprivation betroffenen Kollektives der Heroinkonsument:innen im Blick behalten. Die CaRe-Studie verdeutlicht zudem den Nutzen von Drogenkonsumräumen.


Offenlegung von Interessenskonflikten sowie Förderungen
Ich und die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten.

Artikel-Details

Zitationsvorschlag

Schneider, S., Richter, C. ., & Beisel, L. . (2023). Letale und nichtletale Überdosierungen von Heroin – Eine proxybasierte Analyse bundesweiter Fallberichte aus dem Dunkelfeld . Deutscher Suchtkongress, 1(1). https://doi.org/10.18416/DSK.2023.1013